Egelsbach braucht bezahlbaren Wohnraum – aberwoher?


von Jörg Strobel

Die Menschen im Rhein-Main Gebiet und in den anderen Ballungsräumen Deutschlands haben ein gemeinsames Problem: Die Mieten bzw. die Immobilienpreise steigen wesentlich stärker und schneller als die Einkommen. So stiegen die Mieten in Frankfurt zwischen 2007 und 2015 jährlich um durchschnittlich 5,6%, die Preise für Eigentumswohnungen durchschnittlich um 11,96 %, die Löhne und Gehälter allerdings nur um 3,47%. (Quelle: Statista).

Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt. Heute ist eine Mietwohnung in Egelsbach praktisch nicht mehr unter € 12,- pro qm zu bekommen und gebrauchte Eigentumswohnungen kosten um € 3.500 pro qm. Das ist für die Bezieher „normaler“ Einkommen kaum noch zu stemmen. Die (berechtigte) Forderung an die Politik bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wird immer lauter. Und hier beginnen die nächsten Probleme:

  1. Die Gemeinde hat sich Jahrzehnte darauf verlassen, dass externe Gesellschaften (Nassauische Heimstätte, Langener Baugenossenschaft, etc.) Wohnungen bereitgestellt haben und ist dadurch im Besitz keiner einzigen Wohnung.
  2. Verschärft hat sich das ganze Thema darüber hinaus in den letzten Jahren dadurch, dass 2013 zwei große Wohnanlagen an private Investoren verkauft wurden und die Gemeinde hier untätig blieb. Der Versuch wenigstens einen Teil der Wohnungen 2020 zu erwerben, scheiterte an zu hohen Preisforderungen des Verkäufers. Ein letzter Versuch, durch den Erlass einer Erhaltungssatzung das ganze noch zu retten, kam zu spät.
  3. Zum Jahresende 2022 entfallen dadurch Belegungsrechte für ca. 100 Wohnungen. Das hat kurzfristig nur wenig Einfluss auf die bestehenden Mietverhältnisse, da auf Grund der Mietpreisbremse die Mieten nur alle 3 Jahre um 15% erhöht werden dürfen und die Mieten dort im Verhältnis extrem niedrig sind. Langfristig führt das natürlich zu großen Problemen, da ab 2023 Neu-Vermietungen zu marktüblichen Mieten möglich sind.
  4. 2017 wurde von der Gemeindevertretung beschlossen, eine Wohnungsbaugesellschaft zu gründen. Der ehemalige Bürgermeister hat sich darum nicht gekümmert und der neue musste nach seinem Amtsantritt erst einmal die Strukturen im Rathaus schaffen, die das ganze erst sinnvoll machen. Allerdings erfordert eine neue Gesellschaft eine entsprechende Kapital- und Personalausstattung. Dennoch wird das 2021 umgesetzt werden müssen.
  5. Die Gemeinde verfügt nur über sehr wenige Grundstücke und die Kasse ist ebenfalls leer. Hilfreich ist hier das seit Jahren niedrige Zinsniveau, das auch noch über viele Jahre so bleiben dürfte.

Fazit: Die Versäumnisse der Vergangenheit lassen sich nicht mehr oder nur noch sehr schwer aufarbeiten. Die geforderte Wohnungsbaugesellschaft wird dieses Jahr gegründet und die vorhandenen Grundstücke in der Leimenkaute sollten in jedem Fall im Besitz der Gemeinde bleiben. Die Grundstücke dort und das Grundstück am Ende der Schillerstraße sollten dann von der Wohnungsbaugesellschaft zügig bebaut werden. Hier sind nicht nur Sozialwohnungen, sondern auch Wohnungen für die Bezieher „normaler“ Einkommen zu erstellen, da hier der Bedarf noch größer ist als für Sozialwohnungen.

Abschließend muss man ehrlicherweise feststellen, dass die Gemeinde die Probleme am Egelsbacher Wohnungsmarkt nicht lösen, sondern allenfalls abmildern kann.

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