E(gelsbacher)-Mails 04/2019

Ausgabe vom 30.03.2019

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

um kurz vor Mitternacht hatte er es geschafft. Mit den Stimmen von GRÜNEN, CDU und WGE hat Bürgermeister Wilbrand seinen ersten Haushalt genehmigt bekommen.

Was ist das Besondere an diesem Haushalt?

Er ist transparent, unbequem, weil ehrlich und strukturell ausgeglichen.

Alle Fraktionen lobten den Haushalt nicht nur für seine Transparenz, sondern auch für die Art der Darstellung. Die Zahlen wurden nicht nur im Text erläutert, sondern bei seiner Einbringung anhand von Präsentationen mit umfangreichen Tabellen erklärt.

Der Haushalt ist aber auch unbequem, weil er unangenehme Wahrheiten ausspricht und ans Licht bringt.

Die Wahrheit,

  • dass wieder mehr investiert werden muss, weil Straßen, Gebäude etc. aus Finanznot jahrelang völlig auf Verschleiß gefahren wurden,
  • dass die personelle und finanzielle Handlungsfähigkeit verloren ging,
  • dass der Haushaltsausgleich, die berühmte schwarze Null, in den vergangenen Jahren nur mit Hilfe von Sondereffekten, wie z.B. Einmalzahlungen der Stadtwerke für das Schwimmbad erreicht wurde.

Der vorliegende Haushalt führt uns vor Augen, dass wir jetzt endlich das Ruder rumreißen müssen, den Substanzverlust stoppen und wenigstens ein Mindestmaß an Sanierung und Instandhaltung für marode Spielplätze, Straßen und Gebäude ermöglichen müssen.

Dazu gab es 36 Änderungsanträge aller Parteien zum Entwurf des Bürgermeister und viele Stunden intensiver Diskussion in Ausschüssen und Gemeindevertretung.

Auch wir GRÜNE haben einige Änderungsvorschläge gemacht, ohne jedoch, und das war für uns – bei gleichzeitiger Berücksichtigung der sozialen Aspekte – die oberste Maxime, den strukturell ausgeglichenen Haushalt zu gefährden.

Insbesondere wollten wir, um die unvermeidbare Erhöhung der Grundsteuer etwas abzumildern, die Gebühren in der Kinderbetreuung maßvoll erhöhen.

Hierbei muss man wissen, dass alleine die Personalkosten der Kinderbetreuung ca. 50% der gesamten Personalkosten der Gemeinde verursachen. Bei rund 5 Millionen € Personalkosten schlagen alleine die Tariferhöhungen der Erzieherinnen, die wir ausdrücklich befürworten, jedes Jahr mit ca. 100.000 € Mehrkosten zu Buche. Bei der Schulbetreuung standen im Haushaltsentwurf 2019 Einnahmen von rund 320.000 € Ausgaben von rund 720.000 € gegenüber! Unser maßvoller Vorschlag einer Erhöhung der Gebühren um 42.000 € wurde dennoch durch SPD, FDP und WGE abgelehnt. Man wollte keinerlei Erhöhung. Ob es an den vielen Eltern im Publikum lag, vor denen man keine notwendige, aber unpopuläre Entscheidung treffen wollte? Was man den Eltern bei der Ablehnung verschwieg, war, dass sie zu einer Erhöhung der Grundsteuer um fast 10 Prozentpunkte führt. Doch davon später mehr.

Warum ist die Grundsteuer dieses Jahr in der Haushaltsdebatte so wichtig?

Egelsbach ist im vergangenen Jahr der „Hessenkasse“ beigetreten, durch die das Land Hessen der Gemeinde Egelsbach einige Millionen € Schulden abgenommen hat. Lediglich ein Teil der Schulden ist in einem Zeitraum von 20 Jahren in Jahresraten von ca. 300.000 € zurück zu zahlen.

Im Gegenzug hat sich Egelsbach verpflichtet, fortan einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zur Genehmigung vorzulegen.

Auf der Einnahmeseite hat die Gemeinde sich nach § 93 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) zu richten, in welcher die Reihenfolge der Einnahmen einer Kommune vorgeschrieben ist:

1. Beiträge, 2. Gebühren, 3. Steuern, (hierbei die Grundsteuer als letztes Mittel).

Wenn also Beiträge und Gebühren (wie z.B. für Kindergärten) nicht zur Deckung des Haushalts ausreichen, muss die Grundsteuer so lange erhöht werden, bis unterm Strich die berühmte „schwarze Null“ steht.

Daneben ist die Gemeinde nunmehr aber auch verpflichtet, ihr „Eigentum“, also Straßen und gemeindeeigene Gebäude „in Schuss“ zu halten („strukturell ausgeglichener Haushalt“), sprich, zu sanieren und instand zu halten.

Umso mehr entsetzt es, dass SPD, FDP und WGE, in wechselnder Zusammensetzung, viele dieser Sanierungen und Investitionen, die nach Jahren des Stillstands endlich wieder im Haushalt enthalten waren, wieder entfernen wollten.

Beispiele:

  • (SPD/WGE/FDP): Waldhütte, Spielplätze, Hochbau, Straßenbeleuchtung, Landschaftspflege,
  • (SPD/FDP): Dr. Horst-Schmidt Halle,
  • selbst Gelder zur dringenden Rattenbekämpfung wollte die SPD kürzen.

Stattdessen wurden Prognosen wie die Höhe der erwarteten Spielapparatesteuer und der Gewerbesteuer angezweifelt und sollten „Pi mal Daumen“ raufgesetzt werden, um Grundsteuerpunkte „zu sparen“. Erst nach heftigen Diskussionen ließ man von diesen Taschenspielertricks ab, die in der Vergangenheit schon zu fatalen Problemen führten.

So blieb nach den Anpassungen im Haushalt am Ende immer noch eine Lücke, die nun leider mit 130 zusätzlichen Grundsteuerpunkten zu schließen ist.

Auch damit ist der vorliegende Haushalt unbequem, aber ehrlich und zukunftsfähig.

Aufgrund der vielen Debatten, die naturgemäß zur Rücknahme des ein oder anderen Antrages, der Ablehnung manch anderer, aber auch zur Annahme der meisten von den Parteien gewünschten Änderungen geführt hatten, gingen wir davon aus, dieser Haushalt würde als gemeinsame Basis für das kommende Haushaltsjahr die Unterstützung aller Fraktionen finden. Doch FDP und SPD hatten sich ganz zum Schluss noch einen Knaller aufgehoben. Nachdem fast alle ihrer zur Abstimmung gelangten Änderungswünsche angenommen wurden (nämlich rund 20), da sie meist von SPD, FDP und WEG gemeinsam eingebracht und unterstützt wurden, lehnten beide den Haushalt am Ende der Gemeindevertretersitzung plötzlich ab.

Für die FDP begründete dies Axel Vogt mit der Kritik, dass die im Haushalt enthaltenen Prognosen zukünftige Einnahmen im Rahmen des Ermessenspielraumes eher niedrig und zukünftige Risiken und Ausgaben eher etwas höher angesetzt hatten und der Haushalt daher der FDP wohl zu vorsichtig war. Mit anderen Worten möchte man sagen, die FDP hat den Haushalt abgelehnt, weil er ihr zu seriös und solide ist.

Noch bemerkenswerter war die Begründung der SPD. Man darf ihrem Fraktionsvorsitzenden bescheinigen, dass er am Mittwoch die wohl scheinheiligste Rede in der Geschichte der Egelsbacher Gemeindevertretung gehalten hat. Seine überraschende Begründung: Der Haushalt sei zu „ideenlos“. Wohlgemerkt, das kam von einer SPD, die alle Möglichkeiten der Welt hatte, während der wochenlangen Beratungen mit Änderungsanträgen im Großen wie im Kleinen ein wahres Feuerwerk an Ideen abzubrennen – wenn sie denn welche gehabt hätte. Tatsächlich wurden ja, wie gesagt, die meisten der von der SPD (mit-) eingebrachten Anträge auch angenommen.

Von neuen Ideen oder gar einem ganz neuen Konzept war in diesen Anträgen allerdings wenig zu sehen. Vielmehr war es in weiten Teilen das übliche Rezept, nämlich dringend nötige Sanierungen und Wartung von Straßen und Beleuchtung, Einrichtungen und Spielplätzen auch dieses Jahr nicht vorzunehmen. Auch die von der Kriminalpolizei zur Bekämpfung der Drogenkriminalität empfohlene bessere Außenbeleuchtung rund ums Bürgerhaus wurde gestrichen. Gepaart mit der vielleicht einzigen wirklich innovativen, aber zweifelhaften Idee, neuerdings Prognosen der Verwaltungsfachleute zu künftigen Einnahmen kraft eigener fehlender Expertise einfach ohne jeden Anhaltspunkt hochzusetzen, weil es sich dann gleich leichter rechnet.

So liegt der wahre Grund für die Ablehnung durch die SPD wohl woanders. Man möchte vermutlich die Schuld für die unvermeidliche, aber natürlich äußerst unpopuläre Erhöhung der Grundsteuer lieber anderen in die Schuhe schieben. Was umso ärgerlicher ist, als der Haushalt aufgrund der vielen akzeptierten SPD-Anträge natürlich auch deren Handschrift trägt und zum Beispiel die Grundsteuer um etwa 20 Punkte niedriger sein könnte, wenn die SPD vor ihrem Ausstieg nicht noch schnell mitgeholfen hätte, zwei Sparvorschläge der Grünen im Bereich Kinderbetreuung abzulehnen. Und so fällt z.B. die Grundsteuer um rund 10 Punkte höher aus, um für eine Personalstelle zu bezahlen, von der der Bürgermeister erklärt hatte, dass er sie in diesem Jahr sowieso nicht mehr besetzen kann.

Zum anderen aber wurde deutlich, dass die Bemühungen von Tobias Wilbrand, mit Transparenz, Offenheit und Bereitstellung von so viel Informationen wie möglich eine gute Zusammenarbeit mit allen Parteien zu erreichen, von den Genossen nicht honoriert wird. Wer einen neuen Bürgermeister gleich bei seinem ersten Haushalt derart fadenscheinig an die Wand zu fahren versucht wie die SPD, macht deutlich, dass man daran arbeitet, ihn aus parteipolitischen Gründen möglichst scheitern zu lassen und am gemeinsamen Handeln zum Wohle unserer Gemeinde nicht interessiert ist.

 

Ihre Egelsbacher GRÜNEN

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