E(gelsbacher)-Mails 17/2012

Ausgabe vom 29.06.2012

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

es ist eine Weile her, seitdem wir uns das letzte Mal gemeldet haben. Doch das hatte seinen Grund. Die letzten Wochen waren geprägt von intensiven Haushaltsberatungen, die nun leider am Dienstagabend immer noch kein Ende gefunden haben. Vielmehr werden wir im August zwei Sondersitzungen haben, in denen der Haushalt dann endlich verabschiedet werden soll.

Die nun freigewordenen Ressourcen wollen wir deshalb heute nutzen, um Euch über die Entwicklungen der letzten Wochen aus unserer Sicht zu berichten:

Das Drama um den Haushalt

Bereits in unserer letzten Mail haben wir ja über die katastrophalen Zahlen des aktuell eingebrachten Haushaltes für 2012 berichtet und angekündigt, darauf eine entsprechende Antwort zu geben. Unsere Antwort schlug jedoch sehr hohe Wellen, deshalb wollen wir hier noch einmal ganz deutlich machen, welche Ziele wir mit dem gemeinsamen Antrag mit CDU und FDP verfolgen.

Noch einmal zur Erinnerung:

Der Gemeindevorstand hatte Ende Mai (!) den Haushalt für das aktuelle Geschäftsjahr eingebracht. Ca. 17 Millionen € geplanten Einnahmen sollten mehr als 24 Millionen € geplante Ausgaben gegenüberstehen. Das ergibt ein geplantes strukturelles Defizit von mehr als 7 Millionen € und damit die höchste Neuverschuldung in der Geschichte von Egelsbach. Um es deutlich zu sagen: Hier geht es nicht um neue Schulden für Investitionen. Vielmehr sind unsere laufenden Ausgaben um rund 40 % höher als unsere Einnahmen. Einige Kostenstellen haben vom Rechnungsergebnis 2010 zum Ansatz 2012 solche Steigerungen drin, dass wir uns fragen mussten, ob der Verwaltung der Ernst der Lage wirklich bewusst ist. (Einige Highlights ohne Anspruch auf Vollständigkeit haben wir in einem weiter unten stehenden Artikel zusammengefasst.)

Letzte Woche hatten wir im Haupt- und Finanzausschuss dann Besuch von rund 40 Eltern und Erzieherinnen, die ein klares Bekenntnis zur Erhöhung der Tarifgruppe für Erzieherinnen forderten. (Dazu mehr im nächsten Artikel)

Sie alle wurden Zeugen eines vernichtenden Urteils zu unserem Haushalt von der Beratungsfirma Schüllermann & Partner Consulting. Der Egelsbacher Haushalt sei der katastrophalste, den sie in ihrer gesamten Tätigkeit gesehen haben. Basierend auf den Planzahlen und einem „weiter so“, würde die Verschuldung der Gemeinde Egelsbach im Jahr 2020 weit mehr als 60 Millionen € betragen. Damit würde Egelsbach gemessen an der Einwohnerzahl zu einer der höchst verschuldeten Gemeinden in Hessen.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir GRÜNEN bereits mit der CDU und der FPD, der Verwaltung einen Gegenentwurf zum Haushalt vorgelegt. Weil wir fest davon überzeugt sind, dass im Haushaltentwurf der Verwaltung sehr viel Spielraum eingeplant ist, haben wir es uns zu Nutzen gemacht, dass wir zum ersten Mal seit 2008 tatsächliche Rechnungsergebnisse aus den letzten Jahren bekommen haben. Nach intensiver Analyse gehen wir davon aus, dass die Summen, die in 2010 tatsächlich ausgegeben wurden, auch für 2012 reichen.

Mit dieser Maßnahme könnten wir das strukturelle Defizit von 7,6 Mio. € auf 2,0 Mio. € senken. Außerdem muss nun die Verwaltung erläutern, für was sie im Zweifelsfall mehr Geld braucht und wie dies finanziert werden soll.

Jürgen Sieling reagierte direkt nach Amtsantritt als Bürgermeister auf unseren Antrag und setzte sich mit den Aufsichtsbehörden in Verbindung. Danach kam er zu dem Schluss, dass unser Antrag rechtswidrig sei, da er „der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit“ zuwiderlaufe und die Verwaltung in der Ausübung ihrer ordnungsgemäßen Aufgaben behindern würde.

Ein interessanter Ansatz: Demnach können alle Änderungen, die die Gemeindevertretung einbringt, mit diesem Argument für rechtswidrig erklärt werden, wenn sie der Verwaltung nicht in den Kram passen. Wir haben deshalb diese Kritik zurückgewiesen.

So wurde am Dienstag der Beschluss des Haushaltes bis zur Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen auf Eis gelegt. Außerdem hat Jürgen Sieling versprochen, bis zu den Sondersitzungen im August eine nachvollziehbare Liste von Vorhaben vorzulegen, die aus Sicht der Verwaltung auf jeden Fall noch in den Haushalt müssen.

Vorläufiges Fazit: Das Drama um den Haushalt geht weiter und im August geht es in die nächste Runde. Aber einen Erfolg können wir auf jeden Fall schon einmal verbuchen. In ganz Egelsbach, bis hinein ins Rathaus ist jetzt jedem klar: Ein „weiter wie bisher“ können wir uns nicht leisten und wird es mit einer Mehrheit der Gemeindevertretung auch nicht geben.

S6 auf S8 – Der Haushalt, die SPD und die ganze Wahrheit

Rund um die Haushaltsdiskussion kochte ein Thema besonders hoch: Die Hochstufung der Tarifgruppe für die Erzieherinnen und Erzieher von S6 auf S8.

Zum Hintergrund: Nach geltendem Tarifvertrag werden Erzieherinnen und Erzieher zurzeit nach der Tarifgruppe S6 bezahlt. Als einziger Verdienst, vor allem für Alleinerziehende, ist diese Gehalt häufig kaum ausreichend und für die Arbeit sicher nicht angemessen. Dennoch ist dies in den meisten Kommunen der Normalfall.

Aufgrund des Mangels an qualifiziertem Personal im Großraum Rhein-Main sind einige Kommunen, darunter auch Frankfurt, Langen und Neu-Isenburg dazu übergegangen, ihren Erzieherinnen und Erziehern die Tarifgruppe S8 anzubieten, mit Folgen für alle anderen Kommunen. Wer sein Personal halten will oder gar Neueinstellungen plant, kommt in absehbarer Zeit gar nicht mehr um diese Erhöhung herum, auch wenn es der Haushalt eigentlich nicht zulässt.

Im letzten Jahr haben wir uns in verschiedenen Zusammenhängen eindeutig für eine solche Erhöhung positioniert. Im Rahmen unseres Haushaltsantrags ist diese nun zunächst aus dem Haushalt herausgefallen.

In den letzten Wochen hat dies die SPD vehement genutzt, um gegen die GRÜNEN im Allgemeinen, den gemeinsamen Antrag mit CDU und FDP sowie die notwendigen Einsparungen Politik zu machen.

Das Verhalten der SPD in den Haushaltsplanberatung allerdings sprach Bände. Zunächst wurde der Haushaltsentwurf im Gemeindevorstand mehrheitlich ohne Detailanalyse durchgewunken. Danach saßen die SPD-Vertreter im Haupt- und Finanzausschuss bei der Detailbesprechung der Haushaltsvorlage wie überraschte Zuschauer ohne nennenswerte eigene Beiträge da und merkten erst an massiven Fragen und Anmerkungen der anderen Fraktionen, dass ihnen mit ihrem unkritischen „business as usual“ vielleicht doch ein existenzielles Problem in Millionenhöhe entgangen war.

Anschließend fand die SPD den Antrag von Grünen, CDU und FDP so gut, dass sie einen ähnlichen einbrachte (sich einfach anschließen hat ihnen wohl ihr Stolz verboten). Sie wollte die Zahlen von 2011 zugrunde legen und ein paar Ausnahmen zulassen. Offensichtlich um von der ursprünglich eigenen, peinlichen Untätigkeit und dem eigentlichen Thema Haushalt abzulenken, wurden sodann den Erzieherinnen vorgespielt, die Grünen wollten die längst anvisierte Erhöhung der Gehaltseinstufung von S 6 auf S 8 verhindern.

Dabei lag der Gemeindevertretung überhaupt kein Einzelantrag auf Erhöhung der Tarifgruppe für die Erzieherinnen vor. Diese Erhöhung muss nun eben als Einzelmaßnahme von der Gemeindevertretung beschlossen werden. Wir werden einen entsprechenden Antrag in die nächste Sitzungsrunde der Gemeindevertretung einbringen. Im Gegensatz zur SPD wollen wir aber auch dieses Thema verantwortungsvoll angehen.

Im Ansatz für 2012 sind Gebühren für Schul- und Kindergartenbetreuung in Höhen von 552.000 € geplant. Eine Erhöhung von S 6 auf S 8 wird nach unserer Schätzung etwa 260.000 € mehr kosten. Gerade wer ernsthaft eine solche Erhöhung will, ohne Gefahr zu laufen, in ein paar Jahren über betriebsbedingte Kündigungen nachzudenken, wie es uns Schüllermann & Partner prophezeit hat, muss angesichts dieser Zahlen auch darüber reden, wie man diesen Schritt finanziert.

Anders als die SPD werden wir das analysieren und dazu einen Vorschlag machen. Der Diskussionsstil der SPD zeigt aber bereits jetzt, dass man sich bei den anstehenden Fragen über Wege zur Konsolidierung auf eine Schlammschlacht der Sozialdemokraten einstellen kann, bei der die Wahrheit von der SPD als erstes über Bord geworfen wird.

Einige Highlights aus einem Haushaltsentwurf, der diesen Namen nicht verdient:

Immer wieder wurde uns von Seiten der Verwaltung, der Erzieherinnen und Erzieher, sowie der Eltern vorgehalten, wir hätten diesen Haushalt doch einfach durchwinken und dann mit dem neuen Bürgermeister bei den Beratungen für den Haushalt 2013 neu anfangen können.

Aber wer den Haushalt gelesen hat, kann dies nicht ernsthaft wollen. Hier nur einmal ein paar Highlights, was wir in dem Entwurf gefunden haben, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • der Haushalt 2012 musste erstellt werden, obwohl zunächst die tatsächlichen Ausgaben für 2011 noch gar nicht vorlagen. Ein völliger Blindflug also.
  • die jeweiligen Kostenstellenverantwortlichen wurden gebeten, ihre Zahlen und Wünsche vorzulegen, ohne dass ihnen seitens der Verwaltungsspitze irgendwelche Vorgaben hinsichtlich irgendwelcher Sparziele gemacht wurden.
  • die jeweiligen Zahlen bzw. Wunschvorstellungen wurden dann einfach zusammengefasst, ohne dass es irgendwelche Rücksprachen mit den Amtsleitern gab, um die Zahlen zu diskutieren und mögliche Einsparpotentiale zu besprechen.
  • So stiegen die Haushaltsansätze für Fort – und Weiterbildung im Rathaus von 8.000 Euro im Jahr 2010 auf geplante 50.000 € im Jahr 2012. Zwar wurde dies mit notwendigen Kursen zur Einführung leistungsbezogener Entgelte begründet, warum dann aber der Ansatz gleich bis 2015 mit 50.000€ jährlich fortgeschrieben wurde, bleibt ein Rätsel.
  • Damit steht das Rathaus aber nicht alleine. Beim Personalamt steigen die Fortbildungskosten von 9,35 € in 2010 auf 5.000 € im Haushalt 2012,
  • beim Bauhof von 966 € 2010 auf 3.000 € für 2012 und jedes Folgejahr.
  • Bei der einen Kostenstelle braucht man für Fachliteratur statt 282 € in 2010 auf einmal 750 € in 2012
  • bei der anderen für Repräsentation statt 250 € nun 5.000 €.
  • Beim Freibad erhöhen sich die Kosten für Fremdreinigung von 0 € (2011) auf 28.000 € (2012) Begründung: Damit könne man Personalkosten sparen. Merkwürdig nur, dass zugleich das Entgelt für Beschäftigte im Freibad lediglich von 200.000 € (2010) auf 199.000 € (Haushaltsansatz 2012) gesunken ist.

Das Ergebnis: Ein Haushalt, der nicht einmal ansatzweise versucht, Einsparungen vorzunehmen.

All das sind nur Beispiele, die den Haushalt natürlich nicht retten, die aber zeigen mit welcher Geleichgültigkeit gegenüber der dramatischen Finanzlage diese Zahlenwerk erstellt wurde.

Was sonst noch geschah

Über den Haushalt hinaus wurde in dieser Sitzungsrunde natürlich auch weiter Kommunalpolitik gemacht. Hier standen ein paar Entscheidungen an, über die wir hier in Kürze berichten wollen:

Zum einen wurde beschlossen, dass die Gemeinde einen Antrag auf Teilnahme am kommunalen Schutzschirm des Landes Hessen stellt. Damit ist noch nicht entschieden, ob wir diesen tatsächlich in Anspruch nehmen. Er ist aber notwendig, um im Herbst mit dem Land in Verhandlungen zu treten.

Außerdem wurde ein Fehler bereinigt, der zu Zeiten des alten Bürgermeisters entstanden ist. Während die Sammelleitungen für das Abwasser dem Abwasserverband gehören und die Grundstücksanschlussleitungen den Hauseigentümern, gehörte das Stück dazwischen aufgrund einer fehlerhaften Satzung und ungenauen Verträgen der Gemeinde. Nun wurde dieser Fehler behoben und dieser Teil zum Restbuchwert an den Abwasserverband verkauft.

Außerdem wurden drei Straßen rund um den Flugplatz neu benannt, und die baurechtlichen Voraussetzungen geschaffen, damit die Firma Reimo auf ein größeres Gelände umziehen kann.

Die WGE hat einen Vorstoß gemacht, prüfen zu lassen, was vom Eigenheim und Bürgerhaus von der Bausubstanz mittelfristig noch tragfähig ist, welchem sich alle Fraktionen angeschlossen haben.

Wir haben die Mehrheit für einen Antrag erhalten, der die Verwaltung damit beauftragt einen Budgetkontrakt in Anlehnung an eine ähnliche Vereinbarung in Langen zu erstellen und Jürgen Sieling wurde einstimmig als Nachfolger von Rudi Moritz als Vertreter in den Aufsichtsrat der Stadtwerke Langen geschickt.

Nun ist erst einmal Sommerpause und wir hoffen, dass sich bis August die Gemüter soweit abgekühlt haben, dass wir sachlich über die Zukunft unserer Gemeinde beraten können.

 

Grüne Grüße bis dahin und einen schönen Sommer wünscht.

Das Newsletter-Team

Termine im Juli und August

30.06. – 10.08.2012 Sommerpause

02.07.2012 Öffentliche Fraktionssitzung
20.00 Uhr Großer Sitzungssaal, Rathaus Egelsbach

06.08.2012 Öffentliche Fraktionssitzung
20.00 Uhr Großer Sitzungssaal, Rathaus Egelsbach

13.08.2012 Öffentliche Fraktionssitzung
20.00 Uhr Großer Sitzungssaal, Rathaus Egelsbach

16.08.2012 Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses zum Haushalt 2012
20.00 Uhr, Großer Sitzungssaal, Rathaus Egelsbach

19.08.2012 Fahrradkorso der FLAG-E
15:00 Uhr Feldweg an der B3 in Höhe des Restaurants Kupferpfanne

20.08.2012 Öffentliche Fraktionssitzung
20.00 Uhr Großer Sitzungssaal, Rathaus Egelsbach

23.08.2012 Sondersitzung der Gemeindevertretung zum Haushalt 2012
20.00 Uhr, Großer Sitzungssaal, Rathaus Egelsbach

26.08.2012 GRÜNES Sommerfest
14.00 Uhr Naturfreundehaus, Egelsbach

Verwandte Artikel